Warum trinken wir so gerne Tomatensaft im Flugzeug?

Warum trinken wir so gerne Tomatensaft im Flugzeug?

Warum trinken wir so gerne Tomatensaft im Flugzeug? (Quelle: Cameris/shutterstock.com)

Tomatensaft im Flugzeug gehört für viele Reisende einfach dazu – ähnlich wie der obligatorische Hot Dog nach dem Besuch eines namhaften, schwedischen Möbelkaufhauses.

Nicht selten werden Fluggäste, die Tomatensaft ordern, in Film und Fernsehen auf die Schippe genommen und als Running Gag verkauft.

Doch woher kommt das Bedürfnis nach Tomatensaft überhaupt, wenn wir uns über den Wolken befinden?

Handelt es sich dabei um eine Art Domino-Effekt, der ausgelöst wird, wenn eine einzige Person Tomatensaft bestellt? Oder gibt es tatsächlich eine wissenschaftliche Erklärung dafür, warum uns das unkonventionelle Getränk gerade in luftiger Höhe so gut schmeckt?

Tomatensaft im Flugzeug: Flugbedingungen verändern unsere Geschmacksnerven

Die Antwort, wieso Tomatensaft im Flugzeug so beliebt ist, haben wir in einer Pressemitteilung (05.06.2020: Pressemitteilung leider nicht mehr verfügbar) des Fraunhofer-Instituts vom 15. Februar 2010 gefunden. Die Mitteilung bezieht sich auf eine Studie, die im Fluglabor des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik in Holzkirchen durchgeführt wurde.

Die kurze und knappe Antwort lautet: In Flugzeugen herrscht ein niedrigerer Druck und eine geringere Luftfeuchtigkeit als auf dem Boden. Diese spezielle Umgebung mindert die Aufnahmefähigkeit unserer Geruchs- und Geschmacksnerven.

Wie wurde die Studie durchgeführt?

Die Testpersonen sollten verschiedene Lebensmittel unter Normalbedingungen und unter Kabinendruck probieren und anschließend bewerten. Zu bewertende Faktoren waren dabei unter anderem der Salzgehalt, die Süße des Gerichts, die Intensität der Kräuter usw.

Die Flugbedingungen wurden mit Hilfe einer Niederdruckröhre auf dem Boden durchgeführt. Hierbei wurde darauf geachtet, dass sich die gesamte Umgebung nicht nur anfühlt wie in einem Flugzeug, sondern auch genauso aussieht. Wichtige Parameter waren dabei unter anderem:

  • Luftdruck
  • Relative Luftfeuchtigkeit
  • Kabinenaußenwandtemperatur
  • Geräuschpegel
  • Vibration
  • Licht
  • Luftzirkulation

Welche Schlüsse konnten aus den Ergebnissen gezogen werden?

Unter Flugbedingungen schmecken Salz, Zucker und Kräuter deutlich weniger intensiv als unter normalen Bedingungen. Säuren dominieren hingegen, Bitterstoffe schmecken den Testpersonen in der Luft genauso wie am Boden.

Doch wie sieht die Sache im konkreten Falle des Tomatensafts aus? Dieser wurde unter normalen Bedingungen als muffig beschrieben. Unter Kabinendruck wurde sein Geruch hingegen als angenehm fruchtig und der Geschmack als süß und kühlend beschrieben.

Ein anderes Beispiel sind asiatische Gerichte. Aufgrund der starken Würzung schmecken diese in der Luft ziemlich genauso wie unter Normalbedingungen. Mildere Gerichte müssen hingegen nachgewürzt werden, sodass sie auch im Flugzeug gut schmecken.

Grundsätzlich kann man sagen, dass normale Gerichte im Flieger so schmecken, als hätte man einen leichten Schnupfen.

Gerichte im Flugzeug müssen auf die Bedingungen zugeschnitten werden

Anhand des Beispiels von Tomatensaft im Flugzeug sieht man, dass jegliches Bordessen auf die spezielle Umgebung im Flieger zugeschnitten sein muss. Es bedarf spezieller Gewürzmischungen. denn Gerichte, die am Boden schmecken, wirken unter Kabinendruck häufig geschmacklos und fad.

Die Studie aus dem Jahre 2010 hat dafür gesorgt, dass die Lufthansa all ihre Bordessen an die Flugbedingungen angepasst hat. Übrigens: Laut Pressemitteilung des Fraunhofer-Instituts schüttet die Lufthansa jährlich über 1,7 Millionen Liter Tomatensaft im Flugzeug aus.